Ich habe in den letzten 10 Jahren beruflich und freiberuflich fast alle Websites mit WordPress realisiert. Ich kenne mich mit dem System ziemlich gut aus, kann seine Stärken und Schwächen einschätzen und weiß, wie ich ein Projekt planen und umsetzen muss, wenn WordPress im Spiel ist. Insgesamt komme ich also gut zurecht.
Trotzdem bin ich seit einiger Zeit schon auf der Suche nach einer Alternative zu WordPress. Es gibt nämlich einige Aspekte, warum meine Begeisterung für WordPress gesunken ist und ich das Gefühl habe, ich sollte mal etwas Neues ausprobieren.
Was mich an WordPress stört
Status des Gutenberg-Projekts
Im Dezember 2018 wurde mit WordPress 5.0 der Block-Editor "Gutenberg" eingeführt. Laut den Vorstellungen der Firma Automattic, der WordPress gehört, begann damals die Zukunft von WordPress. Aus einem einfachen Blog- und Content-Management-System soll ein ausgewachsener Pagebuilder werden, der mit Produkten wie Elementor oder Plattformen wie Wix mithalten kann. Die Idee finde ich grundsätzlich nicht verkehrt, allerdings ist das Ergebnis nach über sechs Jahren Weiterentwicklung ziemlich ernüchternd: Das Full Site Editing ist zum jetzigen Zeitpunkt nach wie vor unvollständig, unausgereift und umständlich, viele Dinge funktionieren nicht vernünftig. Die Weiterentwicklung kommt jedoch nur langsam voran, man ist heute noch längst nicht dort, wo man sein müsste. Auch wenn es in jüngster Zeit ein paar "Lichtblicke" gab, gehe ich davon aus, dass noch viele Jahre ins Land ziehen werden, bis hier alles brauchbar und empfehlenswert ist.
Vollständig veränderter Entwicklungs-Workflow
Das gesammelte Wissen von Entwicklern, die ihre Themes mit PHP, HTML, CSS und etwas JavaScript gebaut haben, ist in der neuen Block-Editor-Welt weitgehend nutzlos geworden. Stattdessen ist ein komplett anderer Workflow gefragt: tiefgehende Kenntnisse des JavaScript-Frameworks React und eines damit verbundenen, aufwendigen Build-Prozesses sind heutzutage notwendig, um anspruchsvolle Website-Projekte mit WordPress zu realisieren. Wer keine Zeit oder kein Talent dafür aufbringen kann, hat nicht viele Optionen, um die Arbeit mit React zu umgehen: man kann den Block-Editor abschalten und veraltete Classic Themes entwickeln oder mit vielen Plugins eine Art von No Code-/Low Code-Version von WordPress zusammenbauen. Beide Wege habe ihre Nachteile und es sieht so aus, als ob moderne Theme-Entwicklung eher etwas für Informatiker und Programmierer als für Webdesigner und Agenturbetreiber ist.
Kosten einer WordPress-Instanz
Inzwischen arbeiten sehr viele Menschen im WordPress-Ökosystem. Es ist absolut verständlich, dass man z.B. als Full-Time-Developer für sicheres Einkommen sorgen muss und deshalb Plugins, Dienstleistungen oder Themes nicht mehr kostenlos oder auf Spendenbasis abgeben kann wie damals, als Programmierung noch ein nettes Hobby war. Deshalb werden selbst für kleinere Funktionalitäten oft Pro-Versionen angeboten, die man auf Jahresbasis abonnieren kann. Ob die Preisvorstellungen der Anbieter und die Qualität der erworbenen Software in Ordnung sind, lässt sich meist schlecht einschätzen. Wenn man das Webhosting dazurechnet, kommt man selbst für einen kleinen Internetnetauftritt schnell auf einen höheren dreistelligen Jahresbetrag für Betriebs- und Lizenzkosten. Eine preisgünstige Plattform ist WordPress damit längst nicht mehr und wer nur die Kosten betrachtet, kann auf einer anderen Plattform durchaus günstiger wegkommen.